Es ist ein politisches Beben, welches im politischen Berlin seines Gleichen sucht: Nach einem Krisentreffen des Koalitionsausschusses am Mittwochabend (06. November) ist die Ampel-Koalition zwischen SPD, Grüne und FDP nun Gesichte. Dies mit umfassenden Konsequenzen.
Scholz sieht Lindner als Hauptschuldigen für das Scheitern der Ampel
So traf bereits am Mittwochabend Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Entscheidung, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) von einen Aufgaben zu entbinden. Scholz begründete diesen drastischen Schritt damit, dass Lindner sich wiederholt gegen jegliche Kompromissvorschläge gestellt habe. Zudem warf Scholz dem FDP-Vorsitzenden vor, eine Politik zugunsten bestimmter Interessengruppen betrieben und damit seinen Pflichten als Finanzminister nicht in vollem Umfang nachgekommen zu sein. Scholz erklärte weiter, Lindner habe in der Vergangenheit „zu oft sein Vertrauen gebrochen“. Die Entlassung sei notwendig gewesen, um „Schaden vom Land abzuwenden“.
Scholz will Vertrauensfrage am 15. Januar 2025 stellen
Weiter teilte der Bundeskanzler am Abend mit, dass er beabsichtige, am 15. Januar 2025 im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Damit wolle er die Abgeordneten über das weitere Vertrauen in seine Regierung abstimmen lassen. Sollte ihm das Vertrauen entzogen werden, könnte dies den Weg für vorgezogene Neuwahlen frei machen. Scholz betonte, dass eine Entscheidung über Neuwahlen spätestens bis März getroffen werden müsse. Ein möglicher Termin hierfür ist der 30. März 2025. Dieser Termin ist insoweit passend, da zu diesem Zeitpunkt in keinem Bundesland Ferien sind. Parallel plant Scholz nun, unmittelbar Gespräche mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz aufzunehmen, um die politische Situation weiter zu besprechen und mögliche Optionen auszuloten, da nach dem Ausscheiden von der FDP aus der Bundesregierung SPD und Bündnis 90 / Die Grünen nur eine Minderheitsregierung ausmachen. In den Sitzungswochen bis zu Weihnachten will Scholz noch alle Gesetze zur Abstimmung bringen, die laut seiner Aussage keinen Aufschub dulden. Vorrangig geht es dabei um sofortige Beschlussvorlagen für Wirtschaft und Industrie sowie die Stabilisierung der Rente.
Opposition kritisiert den Termin für die Vertrauensfrage
Die Unionsfraktion von CDU und CSU forderte unterdessen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, spätestens bis zur kommenden Woche die Vertrauensfrage im Bundestag zu stellen. Die Unionsfraktion hatte zuvor einstimmig diese Forderung beschlossen. Laut dem Fraktionsvorsitzendem Friedrich Merz (CDU) sei die Ampel-Koalition gescheitert, was er nach einer Fraktionssitzung am Donnerstagmorgen (07. November) in Berlin erklärte.
Lindner wehrt sich am Mittwochabend
Bundesfinanzminister Lindner konterte am Abend – nach der Rede von Scholz – die Worte des Bundeskanzlers mit einem eigenen Statement. So warf der FDP-Vorsitzende Scholz den „kalkulierten Bruch“ der Koalition vor und nannte die Vorschläge des Bundeskanzlers im Koalitionsausschuss „matt“ und „unambitioniert“.
Grüne bekennen sich zu einer Minderheitsregierung
Vize-Kanzler Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock kündigten am Mittwochabend an, in der Regierung bleiben zu wollen und eine in einer Minderheitsregierung weiterzuarbeiten. Weiterhin sprachen sich auch die Grünen für Neuwahlen aus.
Bundespräsident Steinmeier entlässt FDP-Minister
Nach dem Zerbrechen der Ampelkoalition werden am Donnerstag die Folgen der Krise angegangen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird am Nachmittag Finanzminister Christian Lindner (FDP) offiziell seine Entlassungsurkunde überreichen. Direkt im Anschluss soll sein Nachfolger die Ernennungsurkunde erhalten und das Amt übernehmen. Lindners Nachfolger soll nach Medieninformationen SPD-Mann Jörg Kukies werden. Kukies ist aktuell als Staatssekretär im Bundeskanzleramt als Wirtschaftsberater für Olaf Scholz tätig.
Zusätzlich müssen die Positionen der weiteren FDP-Minister neu besetzt werden, die ebenfalls nicht mehr der Regierung angehören. Am Donnerstagmorgen wurde vermutet, dass die Aufgaben von Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger Familienministerin Lisa Paus (Grüne) übernehmen wird. Nancy Faeser (SPD) soll vorläufig die Aufgaben vom bisherigen Justizminister Marco Buschmann übernehmen.
Für Aufsehen sorgte am Donnerstagmorgen Verkehrsminister Volker Wissing!
Wissing will Minister bleiben und tritt aus der FDP aus
Trotz des Zerbrechens der Ampel-Koalition kündigte Volker Wissing am Donnerstagmorgen in Berlin an, weiterhin als Bundesverkehrsminister im Amt bleiben zu wollen. Gleichzeitig erklärte er seinen Austritt aus der FDP, machte jedoch klar, dass er keiner anderen Partei beitreten werde.
Wissing erklärte zudem, dass er auf ausdrückliche Bitte von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sein Ministeramt weiterführen werde. Seine Beweggründe beschrieb er mit den Worten: „Ich möchte mir selbst treu bleiben.“ Um keine Interessenkonflikte aufkeimen zu lassen, erklärte Wissing seinen Austritt gegenüber Parteichef Lindner.
UPDATE zu den Ministerposten: Volker Wissing wird auch das Justiz-Ressort übernehmen und damit die Geschäfte seines ehemaligen Partei-Kollegen Marco Buschmann!
Hier die bisher zehn wichtigsten Punkte in der Zusammenfassung: