Am Landgericht Bamberg wird am Montagvormittag (17.10.) das Urteil im so genannten Chefarztprozess gesprochen. Die Anträge von Verteidigung, Staatsanwaltschaft und Nebenklage gingen in verschiedene Richtungen. Beim Urteilsspruch dürfte das Interesse der Öffentlichkeit wieder groß sein.
Wird Heinz W. bestraft?
Haftstrafe, Bewährung oder Freispruch? So lautet die spannende Frage vor dem 71. und letzten Verhandlungstag. Die Staatsanwaltschaft hatte vor zwei Wochen die Höchststrafe von 15 Jahren. Dem schloss sich die Nebenklage weitgehend an. Man sieht keinen Zweifel, dass Heinz W. Patientinnen und Mitarbeiterinnen des Klinikums Bamberg sediert und sexuell missbraucht haben soll. Oberstaatsanwalt Bernd Lieb wertet das u.a. als schwere Vergewaltigung. Er stützt seine Einschätzung auf eine Indizienkette und die Bilder und Fotos, die Heinz W. gemacht hat. Darauf sei die sexuelle Motivation es Angeklagten erkennbar.
Verteidigung anderer Meinung
Die Verteidigung des ehemaligen Chefarztes der Bamberger Gefäßchirurgie ist anderer Meinung. Klaus Bernsmann und Katharina Rausch werten den Fall maximal als Nötigung, die mit zwei Jahren auf Bewährung zu ahnden sei. Dann wäre Heinz W. nach dem Urteilsspruch wohl auf freiem Fuß, da die lange Untersuchungshaft (die Festnahme erfolgte im August 2014) angerechnet würde. Dieter Widmann sieht keine Schuld bei seinem Mandanten. Die Sexualstraftaten seien nicht nachzuweisen, auch nicht, dass Heinz W. die Frauen gegen deren Willen sediert habe. Lediglich ein Fall aus dem privaten Umfeld des Mediziners sei juristisch mit einer Geldstrafe zu ahnden: Heinz W. hatte sich in einem Hotelzimmer mit dem Patenkind seiner Ehefrau vergnügt und dies heimlich gefilmt.
Zwölf Frauen als Nebenklägerinnen
Der Angeklagte soll zwischen 2008 und 2014 insgesamt 12 Frauen zu Nachuntersuchungen von Operationen und zur Teilnahme an Studien gebeten haben. Dabei ging es um Fälle von Beckenvenenthrombosen. Er selbst erklärt den Zustand der Frauen, die danach unter Erinnerungslücken litten, mit der Nebenwirkung eines Kontrastmittels. Den Namen konnte Heinz W. aber an keinem der bisher 70 Verhandlungstage nennen. Außerdem seien seine Untersuchungen nichts anderes als medizinische Forschung gewesen. Die Staatsanwaltschaft glaubt, der Mediziner habe die Situation ausgenutzt, um sich an den Frauen zu vergehen. Dabei soll er das Mittel Midazolam benutzt haben. Dies war im Blut einer Medizinstudentin gefunden worden, die im Juli 2014 Anzeige erstattete. Danach kam der Fall ins Rollen, der bundesweit für Aufsehen gesorgt hat.
Zusammenfassung in Oberfranken Aktuell
Ein Update zum Urteilsspruch gibt es hier auf TVO.de, eine Zusammenfassung des letzten Prozesstages um 18Uhr in Oberfranken Aktuell. Dann auch mit Reaktionen aus dem Landgericht Bamberg.