Do, 10.10.2024 , 16:50 Uhr

Stadt Bamberg

Stadt Bamberg pocht auf Schließung des Ankerzentrums - "Gewaltige Belastungsprobe für die ganze Stadtgesellschaft"

Oberbürgermeister Starke und Bürgermeister Glüsenkamp erhöhen den Druck auf München

In einer Pressekonferenz haben der Bamberger Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) und Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (Bündnis 90/Die Grünen) am Donnerstag (10. September) über die laufenden Vorbereitungen zur Schließung des Bamberger Ankerzentrums zum 31. Dezember 2025 informiert.

In einer dazu veröffentlichten Pressemitteilung fordern die Entscheidungsträger mit Nachdruck eine gerechtere Verteilung der Geflüchteten und beharren auf die im Jahr 2015 gemeinsam mit der bayerischen Landesregierung festgelegte Maximallaufzeit des Ankerzentrums.

Stadt Bamberg erwartet in der Diskussion ums Ankerzentrum Vertragstreue

„Die große Flüchtlingsunterkunft im Bamberger Osten hat eine gewaltige Belastungsprobe für die Menschen im Umfeld und die gesamte Stadtgesellschaft in den vergangenen bald zehn Jahren dargestellt. Wir erwarten Vertragstreue und damit das Ende des Betriebs zum Ablauf des nächsten Jahres“, werden Oberbürgermeister Andreas Starke und Bürgermeister und Sozialreferent Jonas Glüsenkamp in dem Schreiben zitiert. Man fordere nun eine gerechtere Verteilung der Geflüchteten in Oberfranken. „Selbstverständlich“ sei man dabei bereit, einen angemessenen Beitrag zur Unterbringung zu leisten, „so wie alle anderen Städte auch“.

Oberbürgermeister erinnert an vereinbarte Bestimmungen

Der Bamberger Stadtrat werde das Thema in seiner Vollsitzung am 16. Oktober behandeln. Die Verwaltung solle in einem ersten Schritt beauftragt werden, ein Konzept für eine dezentrale Unterbringung im Stadtgebiet zu erarbeiten. Oberbürgermeister Starke erinnert an die im Jahr 2015 vereinbarten Bestimmungen bezüglich des Ankerzentrums:

 

Als die Flüchtlingskrise damals ihren Höhepunkt erreicht hatte, griff der Freistaat bei Immobilien der US-Army auf der ehemaligen Flynn-Housing-Area zu und erfüllte damit die Vorgabe, in allen Regierungsbezirken Sammeleinrichtungen für die Erstaufnahme aufzubauen. Die Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt vertrauen darauf, dass der Freistaat sein Wort hält und die damals geschlossene schriftliche Vereinbarung erfüllt.

(Andreas Starke, Bamberger Oberbürgermeister)

 

Stadt verweist auf „unwiderrufliches Ende mit Ablauf des Jahres 2025“

Um ihre Forderung zu bekräftigen, bemüht die Stadt Bamberg in ihrem Schreiben die „Gemeinsame Erklärung“ von Freistaat und der Stadt Bamberg vom 14. August 2015. Dort heißt es unter Ziffer 2: „Diese Aufnahmeeinrichtung wird befristet auf maximal 10 Jahre (unwiderrufliches Ende mit dem Ablauf des Jahres 2025)“. Aus Sicht der Stadt Bamberg handele es sich dabei um eine essenzielle Grundlage der gemeinsamen Erklärung, die bindende Wirkung hat, zumal der Freistaat auch andere Vereinbarungen aus diesem Dokument erfüllt hat.

 

Seit zehn Jahren tragen die Menschen im Bamberger Osten die Hauptverantwortung für die Migration in Bamberg. Alle Beteiligten sind es ihnen schuldig, dass wir das System auf neue Füße stellen.

(Jonas Glüsenkamp, Bamberger Bürgermeister)

 

„Haben einen Plan in der Schublade“: Starke lässt Interpretationsspielraum

Für die Stadtverwaltung wird das Thema mit jeden Tag relevanter. Um sich effektiv auf die Herausforderungen einer großangelegten Umstrukturierung der Verteilung von Geflüchteten einstellen zu können, brauchen die Verantwortlichen zeitnah Gewissheit. Erst im Sommer dieses Jahres hatte Starke den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in einem persönlichen Gespräch an die Abmachung zu Schließung erinnert und somit weiteren Druck auf die Landesregierung ausgeübt. Auf die Frage, was man im Falle einer Weigerung der Landesregierung, die Vereinbarung zu erfüllen, tun werde, ließ Starke Interpretationsspielraum: „Wir haben einen Plan in der Schublade“, so der Oberbürgermeister.

Platz für bezahlbaren Wohnraum

Mit der Auflösung des Ankerzentrums in Bamberg-Ost verbinde die Stadt zudem nicht nur das Ziel, für eine gerechtere Verteilung der Geflüchteten zu sorgen, sondern auch das Vorantreiben der stadtplanerische Entwicklungen. Zuerst wolle die Stadt Bamberg die Flächen der ehemaligen Flynn-Housing-Area selbst erwerben, um auch dort bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die Stadt habe ihr Kaufinteresse bereits schriftlich hinterlegt.

Schließung des Ankerzentrums bringt neue Herausforderungen mit sich

In ihrem Schreiben macht die Stadt Bamberg weiterhin deutlich, dass mit einer Schließung des Ankerzentrums neue Herausforderungen einhergehen würden. So habe in den vergangenen neun Jahren zwar keine weiteren Gemeinschafts- (GU) oder Ausweichunterkünfte (AU) zur Verfügung stellen müssen, da keine weitere Zuweisung von Asylbewerbern oder unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen nach Bamberg erfolgte, allerdings würde sich dies mit der Schließung der Flüchtlingseinrichtung ändern.

Bamberg muss weitere Infrastruktur schaffen

Gemäß der bayerischen Asyldurchführungsverordnung werde der Stadt Bamberg 6,8 Prozent der Geflüchteten in Oberfranken zugewiesen. Nach den aktuellen Zahlen entspreche dies knapp 1000 Geflüchteten. Derzeit seien bereits etwa 200 Geflüchtete (vor allem afghanische Ortskräfte) außerhalb des Ankerzentrums untergebracht, sodass nach heutigem Stand etwa 800 zusätzliche Menschen in Bamberg zu versorgen wären. Anders als zuletzt müsse im Falle einer Schließung in Schulen, Kitas und auf dem Wohnungsmarkt die benötigte soziale Infrastruktur geschaffen werden.

Stadt prüft die Anmietung neuen Wohnraums

„Das werden Herausforderungen, die es wegen des Ankerzentrums bisher nicht gab“, stellt Oberbürgermeister Starke fest. Wenn der Stadtrat den Auftrag für das Erstellen eines dezentralen Unterkunftskonzepts erteilt, stehe dafür eine ämter- und referatsübergreifende Projektgruppe bereit. Um den künftigen Raumbedarf zu erfüllen, solle sowohl die Anmietung von Gebäuden beziehungsweise Wohnraum am freien Markt als auch die Nutzung von Immobilien der Stadt und der Stiftungen geprüft werden.

 

Wir wollen viele Standorte prüfen. Uns ist eine gerechte Verteilung wichtig, damit einseitige Belastungen einzelner Stadtgebiete vermieden werden.

(Andreas Starke, Bamberger Oberbürgermeister)

 

Bürgermeister Glüsenkamp fordert eindeutige Signale aus München

Laut Bürgermeister Glüsenkamp müse zudem auch die soziale Infrastruktur der Stadt auf 700 zusätzliche Menschen angepasst werden:

 

Für gelingende Integration in Bamberg werden wir im Hinblick auf die soziale Infrastruktur viele Anpassungen vornehmen müssen. Das betrifft KiTas, Schulen, Sprachkurse, Integrationsangebote oder Leistungen der Jugendhilfe. Hier sind neben der Stadtverwaltung viele weitere Akteure einzubinden. Wir brauchen deshalb zeitnah eindeutige Signale aus München, wie es weitergeht, um die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen.

(Jonas Glüsenkamp, Bamberger Bürgermeister)

Verantwortliche versprechen „starke Einbindung der Zivilgesellschaft“

Der Prozess bis zur Entscheidung über das neue Konzept solle transparent erfolgen und mit einer „starken Einbindung der Zivilgesellschaft“ verknüpft werden. Deshalb habe es bereits erste Gespräche mit den Bürgervereinen sowie mit dem Ombudsteam, dem Handel und der Wirtschaft, und Vertreterinnen und Vertretern des Migrantinnen- und Migrantenbeirates gegeben. Dabei seien alle Fakten auf den Tisch gelegt worden.

Bamberg erhöht den Druck

Der Caritasverband, das Diakonische Werk und die Arbeiterwohlfahrt hätten bereits im Juli 2024 ein gemeinsames Schreiben an das bayerische Innenministerium für Sport und Integration gerichtet und darin deutlich gemacht, dass eine Weiterführung der aktuellen Hilfs-, Betreuungs- und Beratungsdienste über den 31. Dezember 2025 hinaus weder geplant noch beabsichtigt ist.

Stand plant Bürgerinformationsveranstaltungen

Der OB und der Bürgermeister stellen klar, dass man von Bamberger Seite aus „den Weg der offenen und intensiven Gesprächsführung“ fortsetzen werde. Außerdem bliebe die Stadtspitze in engem Kontakt mit den Vertreterinnen und Vertretern der Kommunal-, Landes-, Bundespolitik sowie den Anwohnerinnen und Anwohnern des Ankerzentrums. Sobald sich Standorte für Unterkünfte konkretisieren, seien Bürgerinformationsveranstaltungen vor Ort geplant. „Nur mit einer aktiven Bürgerbeteiligung gelingt es, die Herausforderung zu meistern“, bekräftigt der Oberbürgermeister.

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