Die oberfränkische Textilindustrie ist geprägt durch eine Vielzahl kleiner und mittelständischer Betriebe. Diese nach dem harten Strukturwandel der letzten Jahrzehnte auf ihrem Weg in eine erfolgreiche Zukunft zu unterstützen, ist das Ziel eines von der Europäischen Union geförderten Projektes am Campus Münchberg der Hochschule Hof. Dort kooperiert man mittlerweile mit acht bekannten heimischen Unternehmen und sorgt für einen direkten Transfer neuester Technologien in die Produktion.
Der Campus Münchberg ist mit seiner technologischen Ausstattung eine hochspannende Spielwiese für die Zukunft der Textilindustrie. Ein direkter Transfer des hier gewonnenen Wissens und neuer Techniken kann ausschlaggebend für deren Zukunft sein – gerade in unserer Region, wo es darum geht, der weltweiten Entwicklung technologisch immer etwas voraus zu sein.
(Dr. Eva Max, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Materialwissenschaften der Hochschule Hof)
In Richtung Textilindustrie 4.0
Seit mittlerweile 2018 koordiniert Max zusammen mit Prof. Dr. Claus-Ekkehard Koukal das Projekt „Technologietransfer als Investition in die Zukunft der Textilindustrie“. Das durch den Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) finanzierte Programm richtet sich dabei explizit an kleine und mittelständische Textilunternehmen aus strukturschwächeren Regionen, die weder mehr als 250 Beschäftigte noch mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz verzeichnen.
Das Ziel ist dabei immer, wettbewerbsfähig zu bleiben oder zu werden und möglicherweise verlorene Marktanteile zurückzugewinnen. Wir möchten KMUs befähigen Arbeitsplätze zu erhalten oder noch besser: neue zu schaffen.
(Prof. Dr. Claus-Ekkehard Koukal)
Dazu werden in langjähriger textiler Tradition und mit entsprechender Expertise am ifm die Forschungskapazitäten der Fakultät Ingenieurwissenschaften der Hochschule Hof gebündelt. Durch diese vielfältigen Kompetenzen des Instituts ist es möglich, eine individuell auf die Bedürfnisse der Projektpartner zugeschnittenen Unterstützung anzubieten.
Keine Kosten für Unternehmen
Mit World of Textiles, Rohleder (beide Konradsreuth), der Hofer Textilveredelungs GmbH (Hof), bleed clothing, der Hohmann GmbH & Co. KG (beide Helmbrechts), Anna Blume Textilmanufaktur (Schwarzenbach / Saale), iprotex GmbH & Co. KG (Münchberg) sowie der Gesellschaft für Gewebekompensatoren aus Hummeltal (Landkreis Bayreuth) sind mittlerweile acht heimische Betriebe an dem Projekt beteiligt. Laut Koukal haben die Projektpartner hierbei eine Reihe von Vorteilen: Oft führt der stattfindende Technologietransfer aus der Hochschule zu einer wirtschaftlicheren Fertigung, einer höheren Variantenvielfalt der Produkte oder einer verbesserten Produktqualität. Zudem tragen sie keinerlei Kosten, denn der Aufwand wird komplett aus Fördermitteln bereitgestellt.
Individuelle Herausforderungen der Textilbetriebe
Die Forschungsansätze und Herangehensweisen innerhalb des Projektes sind dabei keineswegs immer gleich, sondern unterscheiden sich nach den jeweiligen Unternehmen und deren spezifischen Herausforderungen:
Oft kooperieren wir im Rahmen des Projektes auch mit gänzlich anderen Fachgebieten über die gesamte Hochschule hinweg. Ähnlich ist meist nur, dass wir in der Regel am Anfang eine Bestandsaufnahme der Produktionsprozesse im Unternehmen durchführen. Auf deren Basis werden dann Elemente von Effizienz und Transparenz vorgeschlagen, um das wirtschaftliche Arbeiten in Richtung Industrie 4.0 zu optimieren.
(Dr. Eva Max, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Materialwissenschaften der Hochschule Hof)
Ergebnisse sind frei zugänglich
Entsprechend vielfältig sind auch die bisherigen Ergebnisse des Projektes. Für iprotex aus Münchberg wurde am Campus Münchberg ein Hightech-Radialflechtverfahren entwickelt, welches das Unternehmen in die Lage versetzt, in weit größeren Dimensionen zu produzieren als zuvor. Für die Hofer Textilveredelungs GmbH wurde herausgefunden, welches Verklebe- und Kaschierungsverfahren bei Stoffen für Autositzbezüge den geringsten CO2-Ausstoß verursacht. Für die Firma Rohleder gelang es den Wissenschaftlern, die bestehende Betriebsdatenerfassung in der Webereiproduktion zu optimieren – mit dem Ergebnis weiterer Effizienzgewinne. Auf eines legt die Hochschule Hof in dem Zusammenhang wert, nämlich dass die Ergebnisse nicht allein den beteiligten Unternehmen dienen, denn sie werden von der Hochschule veröffentlicht und somit allen Interessierten zugänglich gemacht.
Noch zwei Projektpartner gesucht
Das Projekt „Technologietransfer als Investition in die Zukunft der Textilindustrie“ läuft noch bis zum 31. Januar 2022. Da mittlerweile einige Kooperationen bereits abgeschlossen sind, können sich laut Hochschule noch weitere Projektpartner auf Unternehmensseite mit ihren spezifischen Herausforderungen einbringen.